Eine Reise zum Wein ist immer eine Weltreise. Wer zum Händler geht, um einen schnellen Griff ins Regal zu tun, kommt zwar distanzlos ans Ziel, lustlos aber auch. Meinetwegen, jedem das Seine: Es soll ja Menschen geben, die ein Hallenbad mit echter Palme für die Südsee halten. Wer aber Wein erleben möchte, so richtig erleben, wird ihn dort besuchen, wo er wohnt: in der Kellergasse. Zum Teufel also mit dem städtischen Planquadrat, zur Hölle mit der Diktatur der Waagrechten und des Lotrechten. Das Weinviertel dehnt sich in weiten, beschwingten Wellen zwischen Horizont und Horizont, dazwischen nisten die Dörfer wie glückliche Hühner und die weißen Reihen der Preßhäuser zeichnen Strukturen der Landschaft nach. Wind hat dieses sanft Bewegte Hügelland vollendet, er trug äolische Sedimente herbei, den Löß. Dieser fruchtbare Boden hält Feuchtigkeit fest und das ist gut so, denn das Weinviertel ist über das Jahr hin die wärmste Gegend Österreichs mit den geringsten Niederschlagsmengen. Löß macht es aber auch leicht, tiefe, haltbare Keller zu graben.

Ein respektables Weinviertler Dorf hat ein paar hundert Preßhäuser und ebenso viele Keller: Eine dunkle, verheißungsvolle Welt im Bauch der Erde, verwirrend in ihrer Vielfalt und doch durch ein schlichtes Prinzip verbunden: Nützlichkeit und Genuß.

 

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